MALMÖ BESUCHEN? UNBEDINGT!

Gut gestärkt fuhren wir nach unserem zweiten Besuch in Stockholm los. Leider blieben wir auch in Schweden nicht vom Osterverkehr verschont, so dass schon kurz hinter Stockholm der erste Stau wartete. Mit dem zweiten Teil unseres Hörbuchs ging die Zeit aber zum Glück schnell um. Nach gut 5 Stunden legten wir einen kurzen Zwischenstopp bei Värnamo ein und besuchten einen Bekannten aus München, der nun in Schweden wohnt. 

 

Wir blieben nur kurz und machten uns wieder auf die Reise gen Malmö, wo wir um 20:00 Uhr ankamen.  Wir übernachteten im Radisson Blu Malmö und bekamen ein wirklich riesiges Zimmer. Das Hotel liegt direkt in der Altstadt und man kann von hier aus alles fußläufig erreichen. 

 

Die Internetrecherche ergab, dass es auch in Malmö eine Free Walking Tour gibt, die am Samstag um 13:30 Uhr startete. Den Samstagvormittag verbrachten wir damit durch die Altstadt zu schlendern und ein paar coole Deko Artikel für die neue Wohnung zu kaufen. Man findet hier viele Einrichtungshäuser die skandinavisches Design anbieten. Wenn man nicht schon in dieses Design verliebt ist, dann spätestens nach Kopenhagen und Malmö.

 

Um 13:30 trafen wir uns dann mit dem Guide an der Statue Charles X Gustav von Schweden. Wir waren eine buntgemischte Gruppe von 24 Leuten und begannen die Führung mit etwas Geschichte zu Malmö, Schweden und historischen Beziehungen zu Dänemark. Als Fazit lässt sich sagen: Die Gustavs von Schweden waren keine Dänenfreunde. Das ganze Mittelalter und sogar noch bis in die Neuzeit war Skandinavien geprägt vom Konflikt Dänemark-Schweden und etlichen Gebietsstreitigkeiten, Eroberungen, Rückeroberungen und Kriegen. So gehörte Südschweden eigentlich die meiste Zeit zu Dänemark.

Warum bekommt nun Karl der 10. Gustav von Schweden eine eigene Statue auf DEM zentralen Platz Malmös?

Karl X. Gustav von Schweden war einer der sieg- und ruhmreichsten Herrscher Schwedens. Er erlangte im Dreißigjährigen Krieg an der Seite der Protestanten viele Erfolge. So befreite er Frankfurt Oder von der kaiserlichen Armee. Dadurch allerdings stark angeschlagen, musste er dem Magdeburger Hilfegesuch 1631 absagen, was zur Verwüstung Magdeburgs durch Tilly führte.

 

Es ist immer wieder spannend, wie sich die Geschichte der eigenen Heimat doch überall in Europa wiederfinden lässt und Dinge greifbar macht, die man einst gelernt hat! Deswegen reisen wir gern durch Europa: Man lernt nicht nur fremde Kulturen kennen, sondern findet auch die eigene Geschichte wieder. 

Als zweites sei zu Karl X. Gustav von Schweden noch erwähnt, dass er 1657 Dänemark-Norwegen besiegte und Schweden zu einer seiner größten Ausdehnung verhalf.  Wie schaffte er es die Großmacht Dänemark zu besiegen? Er bediente sich eines strategischen Kniffs, der bis heute in der Militärgeschichte Ruhm erlangt: Er überquerte mit seinen Truppen zu Fuß den zugefrorenen Öresundbelt und überraschte so den dänischen Herrscher, der sich mehr auf seine Kriegsflotte konzentrierte. Dieses „Trauma“ sollte sich lange in der dänischen Geschichte halten. So gibt es heute immer noch ein aktives Gesetz in Dänemark, dass besagt, sollte ein Schwede zu Fuß über den Öresund kommen, hat jeder Däne das Recht ihn zu schlagen :-D

Wir setzten den Rundgang fort und gingen vom Rathaus zur Petrikirche (in dieser Kirche befindet sich noch ein Raum, welcher nicht übermalt wurde und somit noch Original vor Hunderten von Jahren ist - fand ich persönlich sehr beeindruckend) und weiter zum Gustav Adolfs Platz. Hier befindet sich eine weitere Statue als Andenken an einen schwedischen Herrscher. Die Statue heißt Griffin und ist auch auf vielen Symbolen in ganz Schweden zu sehen. Sie erinnert daran, dass Malmö einst für 5 Monate die Hauptstadt Schwedens war. 

Außerhalb der Altstadt befindet sich ein Friedhof der im 18. Jahrhundert erschaffen wurde und auch nur 200 Jahre lang genutzt wurde. Heute sieht man hier ziemlich viele Gräber allerdings nicht von der Königsfamilie, denn Malmö war nie royal, sondern hier liegen vor allem Industrie Herrschaften, also starke Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Unternehmen zur Zeit der Industriellen Revolution. Ansonsten ist dieser Friedhof hier eher wie ein Park. Im Sommer sitzen die Leute hier auch auf dem Gras oder auf den Bänken und lassen sich es gut gehen. In der Mitte des Friedhofs befindet sich eine kleine Statue von Karl Willis. Eine Figur auf einem halben Regenbogen, die nach den Sternen greift. In Stockholm befindet sich genau die gleiche Statue, sodass die beiden womöglich die Verbindung zwischen Stockholm und Malmö darstellen sollen.

 

Als nächstes hielten wir an einer sehr gut erhaltenen Windmühle, die einst von niederländischen Experten gebaut wurde. Diese Art Windmühle sieht man sehr oft in Skandinavien wie auch in Norddeutschland. Von diesem Punkt aus hat man auch einen guten Blick auf das wohl kontroverseste Gebäude Malmös: Der Turning-Torso. Das höchste Wohngebäude Schwedens (45 Etagen). Aufgrund seiner modernen Bauform sticht er doch sehr heraus aus der ansonsten flach gehaltenen, fachwerk- geprägten Stadt. 

Zu guter Letzt liefen wir das alte Stadtschloss an, das heute ein Museum beherbergt und in seiner Geschichte auf die verschiedensten Verwendungen zurückblicken kann. Einst erbaut von den Dänen,  war es lange Zeit uneinnehmbar. Nicht einmal die Dänen schafften es, hatten sie doch aber so den Beweis, dass sie ziemlich gute Burgenbauer waren. In der Neuzeit diente es lange als Flüchtlingsunterkunft und war am Ende des zweiten Weltkriegs zentraler Anlaufpunkt für die Mission „Weiße Busse“. 

„Durch Weiße Busse, weiß gestrichene und mit Rot-Kreuz-Zeichen markierte Fahrzeuge unter schwedischer Flagge, wurden ab März 1945 rund 15.000 überwiegend norwegische und dänische Häftlinge aus deutschen Konzentrationslagern nach Skandinavien in Sicherheit gebracht. Der Vize-Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes Folke Bernadotte hatte diese humanitären Rettungsaktionen ab März 1945 mit Walter Schellenberg und Heinrich Himmler persönlich vereinbart. Mehrere Tausend Gegner der nationalsozialistischen deutschen Besatzer waren im Laufe des Zweiten Weltkriegs aus Norwegen und Dänemark in deutsche Konzentrationslager verschleppt worden. Angesichts der wachsenden Gefährdung durch Kampfhandlungen auf deutschem Reichsgebiet und der Ungewissheit um das den Gefangenen zugedachte Schicksal schlug der norwegische Diplomat Niels Christian Ditleff im November 1944 dem schwedischen Außenministerium vor, als neutraler Staat eine Rettungsaktion unter Rotkreuz-Führung zu initiieren. Graf Folke Bernadotte wurde mit den Verhandlungen über eine mögliche Rettungsaktion und später auch mit der Durchführung betraut. Er nahm im Februar 1945 Fühlung auf mit Joachim von Ribbentrop, Ernst Kaltenbrunner und dem Leiter des SD-Auslandsnachrichtendienstes, Walter Schellenberg. Am 19. Februar 1945 traf er mit Heinrich Himmler in Hohenlychen zusammen. Himmler, der über neutrale Personen und Institutionen Verbindungen zu den Westalliierten suchte und einen separaten Waffenstillstand anstrebte, verweigerte zwar die Freilassung von Gefangenen, stimmte aber zu, die skandinavischen politischen Gefangenen im Lager Neuengamme bei Hamburg zusammenzuführen und dort vom Schwedischen Roten Kreuz betreuen zu lassen. Für diese geheimzuhaltenden Transporte wurden jedoch von deutscher Seite keinerlei Fahrzeuge, Kraftstoffe und Personal bereitgestellt. Die Transporte sollten von den Schweden organisiert werden.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Rettungsaktion_der_Wei%C3%9Fen_Busse)

Das war für uns ziemlich erstaunlich, weil wir bis dato noch rein gar nichts davon gehört hatten. Selbst Phil, der sich in seiner Freizeit viel mit deutscher Geschichte beschäftigt, hatte noch nie etwas davon gehört. 

Unsere Tour endete nach zwei Stunden auf dem kleinen Marktplatz. Wir gönnten uns im Espresso House eine Kaffespezialität und gingen langsam wieder Richtung Hotel. Den Tag und somit das Ende unserer dreiwöchigen Reise ließen wir mit einem Saunagang und einem wirklich guten Abendessen im Bistro Queens ausklingen. Das Bistro Queens sei an dieser Stelle nochmal ausdrücklich erwähnt, weil man hier wirklich sehr gutes Essen (unsere Steaks waren à point) in einem stilvollen Ambiente zu humanen Preisen bekommt.