Lavendelduft liegt in der Luft

Die Vorbereitungen für den Sommerurlaub sind im vollen Gange und die Vorfreude steigt. Trotz Corona muss und soll das Leben ja weiter gehen!

Wegen der aktuellen Gegebenheiten verzichten wir auf eine Flugreise und achten darauf, unsere Reise so zu gestalten, dass wir (kaum) mit anderen Menschen zusammentreffen werden (und wenn, dann auf und mit Abstand)

Daher haben wir uns für eine vergleichsweise relativ kurze Auto(rund)reise entschieden.

Ende Juni geht es los – wohin? Zur Lavendelblüte in die Provence, in den Süden Frankreichs.

Der Weg mit dem Auto ist relativ weit- wir sind gute 12 Stunden unterwegs aber es ist der perfekte Moment. Die beste Reisezeit, um den Lavendel in voller Blüte erleben zu können, ist nämlich Ende Juni bis Mitte Juli. Und wir freuen uns sehr darauf.

 

Damit wir nicht allzu viele Strecken innerhalb der Provence fahren (müssen) habe ich ein Streckennetz erstellt und erst einmal die wichtigsten Sehenswürdigkeiten herausgearbeitet:

Unser erstes Hotel befindet sich südlich von Avignon. Von hier aus wollen wir natürlich zum Pont du Gard, zum Parc Alpilles und vielleicht auch nach Arles und Camargue. Unser zweites Hotel befindet sich zwischen (Parc) Luberon und Sault. In Luberan wollen wir zur Abtei Senanque (besonders als Fotomotiv im Lavendelfeld bekannt) und natürlich zu den Ockerfelsen von Roussillon. Im Norden wollen wir die Lavendelrouten (vielleicht mit dem Fahrrad) erkunden und zum bekannten Plateau d´Albion.

Sollten wir dann noch Zeit und Lust haben, führt uns unser Weg über Manosque zum Parc Verdon.

 

Wir haben wieder viel vor - aber immer nach dem Motto: Wir machen das, worauf und vor allem wann wir Lust haben.

 

 

Und jetzt geht es los ;)

Der Wecker klingelte an diesem Samstag sehr zeitig. Bereits um 04:00 Uhr wurden wir aus dem Schlaf gerissen. Halb 5 war planmäßige Abfahrt, aber wer schafft schon alles in einer halben Stunde, wenn eine Woche Urlaub ansteht? Ganz recht, wir nicht. Mit einer knappen Stunde Verzögerung saßen wir dann im Auto – los geht´s! 

Unsere geplante Tour von Leipzig nach Avignon ist 1300km lang und mit 12 Stunden reiner Fahrtzeit eingeplant. Richtig untypisch für uns verliefen die ersten 6 Stunden reibungslos. Von einer Grenzkontrolle bezüglich Covid19 war weit und breit nichts zu sehen (aber wir wären darauf vorbereitet gewesen) und so fuhren wir gemütlich die nächsten 6 Stunden durch. Unsere Unterkunft erreichten wir gegen 17:00 Uhr: ein kleines, familiengeführtes Landgasthaus – ganz in der Nähe von Avignon im Mas de la Gramillère.

Unseren ersten Abend ließen wir mit einem Sprung ins kühle Nass und einem darauffolgenden leckeren Abendessen und einer Flasche Rotwein aus der Provence ausklingen. 

Der nächste Tag war sehr schwül und verhangen – trotzdem starteten wir mit unserer Entdeckungstour durch Avignon. Da wir in der Nebensaison reisten (bis Ende Juni), hatten wir auch mit dem Parkplatz Glück. Gleich gegenüber der riesigen, gut erhaltenen Stadtmauer gibt es einen großen Parkplatz. Wenn du in der Hauptsaison reist oder der Parkplatz bereits belegt ist, gibt es noch eine andere Möglichkeit. Kostenfreie Parkplätze stehen auf der Rhoninsel zur Verfügung und ein Shuttle fährt von dort direkt in die Stadt. 

 

Unser Weg führte uns direkt zum Place de l´Horloge – der ideale Ausgangspunkt für Besichtigungen, netten Cafés und zum Bummeln – weiter zum Palais des Papes (Papstpalast) und seinem Stadtpark, dem Jardin des Domes. Immer mit einem Auge gen Himmel, um das Wetter zu beobachten, entschieden wir uns, zunächst im Stadtgarten zu wandeln. Vom Garten hat man eine atemberaubende Aussicht auf die Stadt Avignon. Eine grüne Ruheoase mit vielen Sitzmöglichkeiten, einem Teich und einer wirklich tollen Aussicht rund um das Rhontal laden zum Verweilen ein. 

Nicht nur von außen ist der Papstpalast ehrfürchtig, auch drin kann man nur erahnen, wie beeindruckend es damals schon gewesen sein muss. Dank eines Audioguide bzw. eines Histopad starteten wir unsere Tour. Das Histopad ist eine tolle Erfindung: immersive Digitalbesichtigung und Zeitreise, bei der Unsichtbares sichtbar wird!

 

Mit dem Histopad lädt Avignon Tourisme die Besucher des Bauwerks auf eine virtuelle Reise in die Vergangenheit ein, die in den größten gotischen Palast Europas führt. Auf dem interaktiven Histopad-Tablet kann man mit 3D-Technologie, erweiterter Realität und einem leistungsstarken GPS rundherum entdecken, wie die Räume vor 800 Jahren aussahen, wie man darin lebte und wie sie sich entwickelten. Auf dem Histopad sieht man spektakuläre historische Inszenierungen, die ausschließlich von einem wissenschaftlichen Ausschuss erarbeitet wurden. Mit Hilfe eines QR-Codes in den verschiedenen Räumen kann man noch mehr Informationen erhalten. Mittendrin statt nur Dabei – ich glaube, das trifft es ganz gut. (interessanter Artikel zu den Histopads in Frankreich: http://de.media.france.fr/de/node/7310

Und warum steht eigentlich ein Papstpalast in Avignon? Der Papst gehört doch nach Rom wie Messer zu Gabel und Butter zu Brot. Man schrieb das Jahr 1304, als Papst Benedikt XI. starb. Zu seinem Nachfolger wurde der Erzbischof von Bordeaux gewählt. Er machte sich nicht einmal die Mühe, zu seiner Weihe nach Rom zu reisen, sondern ließ sich – sehr zum Wohlgefallen des französischen Königs Philipp der Schöne – in Lyon zum Papst krönen. Zunächst wurden gesundheitliche Gründe genannt, später offenbarte sich, dass wohl auch politische Erwägungen eine Rolle gespielt hatte.

Der neue Papst begab sich jedenfalls nie nach Rom und suchte sich stattdessen Avignon als Residenz aus - auch bekannt als das babylonische Exil der Kirche.

 

Der Papstpalast ist ein Symbol für den Einfluss der Kirche auf das christliche Abendland des 14. Jahrhunderts. In weniger als 20 Jahren wurde der Palast von den Päpsten Benoît XII und seinem Nachfolger Clément VI errichtet. Jedes Jahr besuchen um die 600.000 Besucher den Palast, der zu den 10 meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Frankreichs gehört.

So viele neue, interessante Eindrücke haben wir gewonnen und die Füße taten uns auch weh. Hilft ja nichts, wir waren wissenshungrig auf Avignon. Kurzentschlossen stiegen wir in die Bimmelbahn Petit Train ein, die auch direkt auf dem Platz vor dem Papstpalast hält. Wir fuhren durch enge Gassen, entlang der Stadtmauer, zur Brücke und an weiteren kleinen Highlights vorbei. Als nächstes besuchten wir die zum Papstpalast angrenzende Kathedrale von Avignon. Auf ihrem Dach thront die sechs Meter hohe, vergoldete Statue der Jungfrau Maria. Ein Blick in das Innere der Cathédrale Notre-Dame des Doms d’Avignon zeigt die vielen Schätze, Reliquien, Wandteppiche, Grabstätten oder auch den Bischofsthron aus dem 12. Jahrhundert. Ein Besuch oder auch die Teilnahme am Gottesdienst sollte auf jeden Fall eingeplant werden. 

Du hast seit Beginn der Zeilen über Avignon ein ganz besonderes Lied im Kopf? Geht es vielleicht so: „Sur le pont d’Avignon, L’on y danse, l’on y danse, Sur le pont d’Avignon L’on y danse tout en rond.“ (Übersetzung: Auf der Brücke von Avignon, Wir tanzen dort, wir tanzen dort, Auf der Brücke von Avignon. Wir tanzen alle im Kreis.)

Es handelt sich hierbei um ein französisches Volkslied aus dem 15. Jahrhundert, in dem es um die Pont Saint-Bénézet, bekannt auch als „Pont d’Avignon“ geht, auf der wir jetzt standen. Die Legende berichtet, dass die Brücke im 12. Jh. von einem jungen Hirten namens Bénezet aus dem Vivarais auf göttliche Anordnung erbaut wurde. 1185 wurde sie fertiggestellt und war der erste Rhoneübergang zwischen Lyon und dem Mittelmeer. Sie war ca. 900 m lang und hatte 22 Bögen. 1225 wurde sie zerstört und wieder aufgebaut. Nachdem sie mehrmals vom Rhonehochwasser weggerissen worden war, verzichtete man im 17. Jh. auf ihre Nutzung. Heute sind noch vier Bögen und die Kapelle St Nicolas übrig. Trotz Einstufung als Welterbe durch die UNESCO darf auf der Brücke getanzt werden! Was für ein Tag – und er war noch gar nicht zu Ende. Für den Abend hatte Phil schon in einem Restaurant am Rhoneufer mit Blick auf die Altstadt reserviert. Tolle Lage und leckeres Essen zu normalen Preisen. Später las ich im Marco Polo und entdeckte genau das Restaurant als beschriebenen Geheimtipp. Le Bercail.

Mit einem typischen französischen Frühstück starteten wir in den nächsten Tag. Puh, war das heute heiß – bei 30 Grad beschlossen wir, eine Kanutour auf dem Gardon zu machen. Gesagt getan – auf geht’s – Sportsachen an und zum Startpunkt gefahren. Es gibt viele Anbieter und auch verschiedene Touren. Wir entschieden uns für eine 15 Kilometer Tour mit circa 3 Stunden Fahrtzeit. Kurze Einweisung, besprochen, wann wir am Ziel abgeholt werden sollen und ab ins Kanu. Im Nachhinein auf jeden Fall darauf achten, dass das Zweier-Kanu Lehnen hat. Mein Rücken tat ganz schön weh. Die Kanutour war etwas anders, als wir aus der Heimat gewohnt waren. Alle 200 Meter konnte man an einer Sandbank oder am flachen Ufer anhalten, ins Wasser springen, Essen, Trinken oder einfach die Natur genießen. Daher auf jeden Fall nicht nur die Fahrzeit zur Abholung einplanen sondern gern noch zwei Stunden dazu rechnen. Hätten wir das gewusst, dass wir so viele Bademöglichkeit hatten, dann hätten wir uns auch mehr Zeit gelassen. 

Das Highlight sahen wir schon von weiten - nach knapp zwei Stunden: die Pont du Gard. Aus der Fischperspektive noch viel beeindruckender. Das römische Aquädukt Pont du Gard ist eine der großen Sehenswürdigkeiten der Region, denn es zählt zu den am besten erhaltenen antiken römischen Brückenbauten und gehört seit 1985 zum UNESCO Wetlkulturerbe. Das Aquädukt überspannt den Fluss Gardon und war Teil einer Wasserleitung nach Nîmes – und wurde binnen 5 Jahren erbaut. Aufgrund seiner Größe, seines gut erhaltenen Zustands und den riesigen Bögen ist der Pont du Gard mit 360m Länge und 50m Höhe die höchste antike Brücke, die jemals errichtet wurde.

 

Wir ließen uns einfach treiben… unter die Brücke hindurch. Es war einfach grandios. Natürlich kann man die Brücke auch bestaunen, ohne dabei nass zu werden. Zu schnell war plötzlich unsere Tour vorbei. Unsere Strecke war perfekt für Anfänger, die trotzdem ein paar Stromschnellen erleben möchten. Am Ende des Tages war die Kanutour die beste Entscheidung und wir würden jederzeit eine weitere Route paddeln. 

Am Dienstag überlegten wir, ob wir in ein Weinmuseum fahren oder uns die Stadt Arles ansehen – die Entscheidung fiel auf Letzteres. 

In Arles kann man wirklich was erleben – uns war diese Stadt komplett fremd, aber genau deswegen Reisen wir ja: um neue Städte kennenzulernen. 

Arles, die flächenmäßig größte Gemeinde Frankreichs, liegt in der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur im Herzen des Départements Bouches-du-Rhône. Provenzalisch, römisch, südländisch und von unvergleichlichem Charakter. Arles hat seinen Besuchern zahlreiche Denkmäler und andere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Darunter befinden sich viele Überreste aus den Zeiten der Römer. Die Stadt rechnet wirklich mehrere im Welterbe der UNESCO eingeschriebene Monumente: unter anderem auch das römisches Amphitheater. Das Amphitheater in Arles, auch als "Arènes d'Arles" bezeichnet, ist das bedeutendste und meistbesuchte Monument.

Im Jahre 90 nach Christus entstand in Arles eine römische Arena mit 34 Rängen und Tribünen. Es wurde für große Publikumsaufführungen gebaut, insbesondere für Stierkämpfe. Deshalb auch der oft benutzte Begriff “Arena”.

 

Von außen ist die Arena beeindruckend und sehr gut erhalten. Natürlich ist sie nicht mit dem Collosseum in Rom zu vergleichen, aber es gibt einen guten Überblick über die Bauweise. Der Eintrittspreis (ohne Führung/Tourguide) und die vielen, wegen anstehenden Veranstaltungen, abgesperrten Durchgänge hielten uns aber davon ab, hineinzugehen. 

Wir schlenderten durch die engen, typisch französischen Gassen. Überall roch es nach Essen, gemischt mit dem Duft frischen Kaffees. 

Unser Rundweg führte uns zum Römisches Theater - Théâtre Antique Arles vorbei an den typisch für die römische Kultur öffentlichen Badehäuser über den Rathausplatz mit seinem Obelisken bis hin auf die Spuren von Van Gogh und zum bekannten Platz Espace Van Gogh. In einem Innenhof gelegen ist man plötzlich live in einem Bild von Van Gogh. Die vielen bunten Blumen, in der Mitte ein kleiner Springbrunnen und ringsherum ein Säulengang. Kennst du das berühmte Bild? Mir war das Bild bekannt, aber erst in meiner jetzigen Recherche fand ich folgendes heraus: „(…) mein erster Halt das Krankenhaus, in dem sich der Künstler 1889 für kurze Zeit aufhielt. Im Krankenhaus malte er "Station im Krankenhaus" (1889, Öl auf Leinwand, 73 x 92 cm), wie auf dem Titelbild dieses Artikels zu sehen. Als ich im alten Krankenhaus ankam, war ich etwas traurig, weil Van Gogh dort enorme psychische Probleme hatte. Kurz nach seinem Aufenthalt in Arles zog der Künstler in eine Anstalt in Saint-Rémy de Provence und starb 1890. Das ehemalige Krankenhaus ist heute eine Touristenattraktion und eine öffentliche Bibliothek namens Médiathèque d'Arles. Nur die Architektur und der Garten erinnern noch an Van Goghs Zeit.“ (Quelle: https://www.itinari.com/de/following-in-van-gogh-s-footsteps-in-arles-l7ov

Uns zog es weiter Richtung Nordosten. Phil überraschte mich mit einem Abstecher zu dem idyllischen Bergdorf Les Baux de Provence. Das Bergdorf erinnerte uns mit seinen umliegenden Bergen an die sächsische Schweiz. Zumindest ein bisschen ;) oder auch an den Mont Saint Michel an der Nordwestküste Frankreichs. 

Traumhaft schön war es hier und ist unbedingt einen Besuch wert. Der Fußmarsch zum Dorf ist etwas anstrengend, aber wenn man Glück hat, bekommt man einen Parkplatz direkt ganz oben auf der Bergkuppe.  Der Ausblick, die hübschen, neckischen Restaurants und Cafés, die kleinen Lädchen, die sich die engen Gassen hochschlängeln und natürlich die Festungsanlage sowie ein sagenumwobener Ausblick in alle Himmelsrichtungen… In der Nebensaison ist es hier noch nicht überrannt und man hat genügend Zeit (und Platz) alles in Ruhe zu bestaunen.

Am Abend des gleichen Tages machten wir noch einmal einen Abstecher nach Avignon, nicht nur zum Essen, wir erhofften uns auch, dass die alten Gebäude angestrahlt werden. Unser Abendessen in einem kleinen Restaurant war vorzüglich. Danach schlenderten wir durch die Gassen, unserer Erwartungen wurden aber leider nicht erfüllt. So war lediglich der Papstpalast etwas angeleuchtet. Schade.

Im Großen und Ganzen ist Avignon wirklich sehenswert. Vor allem die Museen mit ihren Audioguides oder Histopads heben die Erkundungstour auf ein neues Level. Was leider nicht angeboten wird, sind Stadtführungen. Vielleicht finden Touren ja in der Hochsaison auf Französisch statt, aber das hat uns gefehlt. So viel historische und geschichtliche Punkte findet man in der Stadt und das nicht nur am Tag, auch in der Nacht fehlten uns leider Angebote für Touren. Scheinbar ist die Nachfrage noch nicht so groß, aber ich wette, das wird sich auch bald ändern. 

Am Mittwoch verabschiedeten wir uns von unserem Gastgeber und dem tollen Landgasthof und fuhren dem Lavendel entgehen – gen Osten in den Luberonnationalpark.