Das bunte Wernigerode im Harz

Wer kennt das Mittelgebirge in Deutschland und das höchste Gebirge Norddeutschlands nicht? Wovon hier die Rede ist? Natürlich vom Harz. Er liegt am Schnittpunkt von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und ist ein Urlaubs-, Erhol- und Bergparadies schlecht hin.

Wir haben schon öfter Kurztrips in den Harz gemacht. Vor allem letztes Jahr, als wir, bedingt durch Covid-19, anders reisten und vermehrt in Deutschland unterwegs waren.

 

Im September waren wir in Wernigerode. 

Einen Kurztrip nach Wernigerode kann ich wärmstens empfehlen. Die Stadt, mit ihren schmalen, engen Gassen, den typischen Fachwerkhäusern und der Geschichte hat ihren ganz eigenen Charme. Ein Wochenende verbrachten wir in dieser wunderbaren Stadt und es war sicher nicht unser letzter Besuch. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, unbedingt mit der Harzer Schmalspurbahn zum Brocken hoch zu fahren und bis nach Wernigerode runter zu wandern. Aber beginn ich erst einmal von vorn ;)

Am Freitag trafen Phil und ich uns im „Weinbar & Boutiquehotel Anno 1910“ – dieses kleine, liebe- und geschmackvoll eingerichtete Hotel im Herzen der Stadt gewährte uns einen tollen Ausblick auf die Burg Wernigerode. Wir hatten nicht nur ein tolles Zimmer, auch das Frühstück kann ich nur hoch loben. Nachdem wir uns kurz ausruhten gingen wir ins Kartoffelhaus etwas essen und starteten am frühen Abend mit einer Nachtwächtertour durch die Innenstadt. Schon allein der verkleidete Nachtwächter war die Tour wert. Dieser zeigts unserer Gruppe nicht nur die schönsten und prächtigsten Gebäude, sondern er war ein richtiger Geschichtenerzähler. So war es fast egal, dass es ziemlich windig und kalt war, denn man wollte einfach seinen Erzählungen lauschen.  

Die Tour begann in der Mitte der Stadt, am Marktbrunnen (Wohltäterbrunnen) – dahinter befindet sich das Rathaus. Der sternenklare Abendhimmel, der Nachtwächter und die Lichter sorgten für eine einmalige Stimmung auf diesem Platz. Es ist auch ein sehr bekanntest und beliebtes Fotomotiv. 

Bei dem Nachtwächterrundgang geht es durch die dunklen Gassen der wunderschönen Innenstadt. Man erlebt einen Zeitsprung in die Vergangenheit. Es wird unter anderem berichtet, wie der Nachtwächter seinen Dienst im Mittelalter verrichtete. Außerdem, was damals in der Nacht alles so passierte. 

 

Am nächsten Tag ging es für uns sehr früh los. Coronabedingt konnte man für die Harzer Schmalspurbahn keine Tickets reservieren. Wir fuhren mit dem Auto zum Startpunkt, rannten, und .. hatten Glück, wir haben die letzten Tickets erhalten. Ich ging davon aus, dass wegen Covid-19 in den Wagons auf Abstand etc. geachtet wurde – davon war nichts vorhanden. Abgesehen von Masken tragen, drängten sich die Menschen in den Wagons und draußen auf den Plattformen – Schade. Nichtsdestotrotz hatten wir einen Sitzplatz im ersten Wagon und hatten eine tolle Sicht. Allein die Fahrt mit der Brockenbahn ist toll – wir fuhren bis zum Brocken.

Der Brocken ist mit 1.141 Metern der höchste Harzgipfel. Von oben aus bietet sich eine herrliche Rundumsicht.
Eine Brockentour gehört somit zu den Höhepunkten einer jeden Harzreise. Auch bekannte Reisende wie Goethe und Heine zog der Gipfel seinerzeit schon magisch an. Goethe verarbeitete seine Eindrücke vom "Blocksberg" in der Walpurgisnacht im Faust und Heine dichtete in seiner "Harzreise": "Auf die Berge will ich steigen, wo die dunkeln Tannen ragen, Bächerauschen, Vögel singen, und die stolzen Wolken jagen..."

Nun stand der Abstieg bevor – wir waren vorbereitet: Proviant, Getränke, Wanderschuhe, Lust und Spaß – auf ging es. Immer dem Wanderweg entlang, vorbei an kahlen Bäumen. Die vielen toten Bäume sind uns schon auf dem Weg nach oben mit der Bahn aufgefallen. Stürme, Trockenheit, fehlender Schnee, der Borkenkäfer, zwei heiße Sommer in Folge. All das lässt die Fichten im Harz sterben. Aber: Das ist nicht das Ende des Waldes. „Man muss zu dieser Dynamik sagen: Der Wald ist nicht tot. Wenn man weiter hineinschaut und auch hineingeht, sieht man, dass der Jungwuchs da ist und jetzt so um die zehn Jahre alt ist. Dass es aber auch freie Plätze gibt, dass es Ebereschen gibt und die Birken sich ausbreiten. Der Wald lebt eigentlich und er wird durch diese alten Stämme, die langsam umbrechen und die Nadeln, die zu Boden gefallen sind, noch zusätzlich gedüngt, so dass diese Entwicklung weitergeht.“ (Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/nationalpark-harz-die-natur-erobert-sich-den-brocken-zurueck.976.de.html?dram:article_id=456165)

Mehrere tausend Menschen kommen als Tagestouristen zum Brocken. Entweder sie fahren mit der Bahn, wandern oder sind mit dem Mountainbike unterwegs. Auf unserem Wanderweg „Höllenstieg“ nach Wernigerode kamen uns dann aber kaum Naturfreunde entgegen – vielleicht lag es am Namen unserer Wegstrecke? Denn allein der Name verspricht doch Abenteuer. Knapp 20 Kilometer sind es nach Wernigerode, 900 Höhenmeter müssen überwunden werden. Steile Hänge, glitschiger Untergrund, umgeknickte Bäume, kaputte Treppenstufen – der Abstieg hatte alles, was das Entdeckerherz höherschlagen lässt. Nach vielen Stunden kamen wir völlig fertig in Wernigerode an. Ich habe den Weg absolut unterschätzt, muss aber dazu sagen, dass wir eigentlich einen anderen Abstieg nehmen wollten, aber die Abzweigung verpasst hatten.

 

Bei mir zeichnete sich so ein starker Muskelkater bereits am Abend ab, dass ich kaum noch aus dem Hotel kam, geschweige denn Stufen herabsteigen konnte. 

Am nächsten Tag erholte sich mein Muskelkater langsam: Wir wollten zur Hängebrücke, zum Schloss und zum Abschluss noch einmal durch die Altstadt schlendert.

 

Wusstest du, dass die längste Hängebrücke ihrer Art über der Rappbodentalsperre im Harz zu finden ist? Du überlegst jetzt, was sie so besonders macht? 458,5 Meter freischwebend 100 Meter über der Talsohle – das ist eine der spannendsten Attraktionen im Harz. Muss ich dazu noch etwas sagen? Wer Höhenangst hat, sollte nicht über die Titan RT gehen. Zwar hat sie ein 130cm hohes Geländer und ist verankert durch robuste Stahlseile, dafür aber ein Gitterrost, welches die 100 Meter in die Tiefe noch verdeutlichen. Zusätzlich schwankt die Brücke auch ein bisschen und ist auch nur 120cm breit – doch das Panorama entschädigt für manch einen atemlosen Moment.  

Noch mehr Abenteuer? Gleich nebenan befindet sich die Mega Zipline sowie das Wallrunning an der Rappbodentalsperre und das Gigaswing unterhalb der Titan RT. Dies wird als spektakulärster Pendelsprung Europas bezeichnet. Allein oder zu zweit als Tandemsprung geht es unterhalb der Hängebrücke im freien Fall 75 Meter in die Tiefe.

 

Wer es ruhiger angehen möchte, kann einen der zahlreichen Forst- und Wanderwege in der Nähe für einen Ausflug nutzen. Die meist dicht bewaldete Landschaft rund um den Stausee gehört zu mehreren Natur- und Landschaftsschutzgebieten. Von den umliegenden rund 500 Meter hohen Bergen bieten sich immer wieder schöne Blicke auf die Wasserfläche.

Unser Tag war natürlich noch nicht zu Ende. Wir wollten noch zum Schluss und die Aussicht genießen. Auf einer Anhöhe (Agnesberg) rund 100 Meter oberhalb der bunten Stadt thront das Schloss Wernigerode für jeden sichtbar.

Mit dem Auto kommt man nicht weit – so kann man entweder den Berg hochlaufen, die Schloss- oder Bimmelbahn nehmen oder eine Kutschfahrt buchen.

Wir fuhren mit der Bimmelbahn vom Stadtzentrum Wernigerode hoch bis zum Schloss.

 

Von der Terrasse auf dem Schloss bietet sich ein herrlicher Blick über die Stadt. Bei klarem Wetter ist der Brocken und die Harzer Berge gut zu erkennen. Der beste Standort zum Fotografieren ist die Steinbrüstung auf der großen Schlossterrasse. Die Terrasse ist unabhängig von den Öffnungszeiten des Schlosses geöffnet. „Bis 1929 war es der Wohnsitz der Familie Fürst zu Stolberg-Wernigerode, doch heute ist es ein Museum insbesondere für Kunst- und Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Zwei Museumsrundgänge führen durch über 40 zum Teil original eingerichtete Wohnräume des deutschen Hochadels. Hochwertige Sonderausstellungen ergänzen die ständige Ausstellung. Des Weiteren wurde das Schloss nach seinem Umbau ab 1862 bis 1885 zu einem Leitbau des norddeutschen Historismus.“ (Quelle: https://www.harztourist.de/sehenswuerdigkeiten/wernigerode/schloss-wernigerode/4_99_276.html)

Die bunte, historische Stadt hat uns ja am Freitagabend bereits in ihren Bann gezogen. Zeit, diese Stadt bei Tageslicht zu begutachten: Mächtige Balken, dazwischen buntes Gefache, farbige Türen und Tore und fantasievoll bemalte Fensterrahmen und -läden, die alten Straßen mit dem stolzen Fachwerk machen den Zauber dieser Stadt aus. Vor allem in der Breiten Straße findet man sehr viele dieser schönen historischen Gebäude. Als Attraktion im alten Stadtkern gelten auch die Hotels "Gotisches Haus" und "Weißer Hirsch". In diesem Ortsteil liegt des Weiteren der Marktplatz, auf dem sich unter anderem das mit 33 Holzfiguren gestaltete Rathaus befindet. Ansonsten kann man sich einfach durch die hübschen Straßen treiben lassen, Ein Besuch im Museum „Schiefes Haus“ oder ach im „kleinsten Haus“ ist auf jeden Fall sehr abwechslungsreich. Die vielen Cafés laden zum Eis essen und genießen ein. 

Ob Kulturliebhaber, Wanderfreunde, Familien auf der Suche nach dem idealen Urlaubsziel oder Feinschmecker, die sich auf kulinarische Höhepunkte freuen: In Wernigerode wird alles geboten!