Portugal - das Land der vielen Farben

Porto – und warum man in dieser Stadt keine Fahrräder sieht
 
Als wir Freitag über die Grenze von Spanien nach Portugal fuhren, waren wir total aufgeschmissen. Weder Phil noch ich sprechen portugiesisch… und die Sprache ist wirklich so ganz anders als Spanisch. Aber mit Händen, Füßen und einem netten Lächeln (sowie natürlich auch mit Englisch) kommt man auch hier weiter. Abends kamen wir dann ohne Zwischenfälle im Hotel „HF Fenix Porto“ an. Der erste Eindruck überzeugte. Ein modernes Hotel mit sehr freundlichem Personal. Unser Zimmer im 10. Stock war riesig und wir hatten einen sagenhaften Ausblick auf einen alten Friedhof und das Meer am Horizont.
Am Samstagvormittag starteten wir unsere Stadtbesichtigung. Wir standen vor der Entscheidung des Transportmittels: zu Fuß, öffentliche Verkehrsmittel oder mit dem  Fahrrad. Wir entschieden uns für das Rad, da unser Hotel einen Verleihservice anbot. Leider war uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht die topografische Eigenheit Portos bewusst. Frohen Mutes starteten wir in Richtung des historischen Zentrums, welches zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Und die Tortur begann :-D Bergauf, bergab, bergauf, bergab. Der erste Stopp erfolgte bereits nach 30 Minuten am Kristallpalast, das T-Shirt von mir (Phil) bei 32 Grad im Schatten schon ordentlich eingefärbt. 1956 wurde der ursprüngliche Kristallpalast aus dem 19. Jahrhundert durch einen Pavillon in Form einer 30 Meter hohen Halbkugel ersetzt. In einem Teil des Parkes um die Halbkugel herum gibt mehrere wunderbare Aussichtspunkte auf den Douro, Porto und die andere Seite vom Fluss mit den zahlreichen Portweinlagern und –schiffen.
Da es keine Fahrradwege in Porto gibt  - ohnehin sahen wir über den ganzen Tag verteilt nur ganze 6 weitere Radfahrer, davon zwei Polizisten – fuhren wir zwischen den Autos und öfters auch zwischen den Fußgängern weiter in Richtung Zentrum. Der nächste Halt erfolgte am Lissabonner Platz (Praca de Lisboa). Hier erwarteten uns zwei Höhepunkt der Stadt. Der Torre dos Clérigos und die Livaria Lello. Der Torre dos Clérigos ist mit seinen 76m Meter Höhe Portugals höchster Kirchturm – und wir haben ihn erklommen.
Die Livaria Lello ist eine der schönsten Buchhandlungen der Welt. Eine Freitreppe, Holzschnitzereien, Stuckverzierungen sowie alte und neue Bücher machen sie einzigartig.

Unser nächstes Ziel war der Hauptbahnhof Estacao Sao Bento. Dieser Bahnhof ist geschmückt mit den für Porto und Portugal typischen bunten Fliesen, den Azulejos. In der Empfangshalle sind mehrere komplette historisches Schaubild dargestellt. Auf den Bilder stellte der Künstler Colaço unter anderem Infante D. Henrique bei der Eroberung Ceutas, die Heirat Joãos I. mit Filipa de Lencastre und die Vorstellung Egas Moniz’ vor dem König Afonso VII von Kastilien und Léon dar. Hier kommen nicht nur stündlich neue Gäste der Stadt an, sondern auch zahlreiche skurrile Personen sind hier anzutreffen. Unter anderem wurde uns innerhalb von 5 Minuten dreimal Marihuana angeboten. Wir lehnten dankend ab…

Natürlich gibt es auch in Porto viele Kirchen. Darunter die Igreja de Sao Francisco, welche mit gut 600kg Blattgold barock ausgestaltet wurde oder die doppeltürmige Kathedrale Sé. Sie steht zusammen mit dem Bischofspalast auf dem Hügel Pena Ventos. Durch die erhöhte Lage auf dem massiven Granitfelsen prägt die Kathedrale das gesamte Stadtbild. Das Bauwerk gleicht von Außen eher einer massiven und prächtigen Burganlage.

Portos flüssiges Gold ist der Portwein. Wir fuhren mit unseren Fahrrädern über eine atemberaubende Brücke zur anderen Seite des Flusses. Mit der Gondel fuhren wir bergabwärts in das Vila Noca de Gaia, welches für die vielen Portweinkellereien berühmt ist. Hier findet man berühmte Händler wie Taylor´s, Sandemann, Offley oder Croft. Zum Letzten wanderten wir, um an einem Rundgang und einer Verkostung teilzunehmen. Der Rundgang führte uns hinein in die Keller vorbei an Eichenfässern und Großdepots, die einige Zehntausend Liter fassen. Wir erfuhren während dieser Tour wirklich interessantes über den Portwein – über die verschiedenen Gerüche, Lagerung und Herstellung. Drei Portweine der Marke Croft waren im Preis inbegriffen. Portwein schmeckt wie eine Mischung aus Wein und Cherry – relativ süß, intensiv und sehr lecker!

Nun neigte sich der Tag langsam dem Ende und wir waren froh, dass wir abends endlich die Fahrräder abgeben konnten. Das nächste Mal informieren wir uns eher über die Topografie der Stadt. Porto hat uns wirklich ausgesprochen gut gefallen. Die Menschen hier waren und sind sehr freundlich. Ein Besuch lohnt sich daher! 

Und zur Information: Porto hat auch einen Flughafen – aber bitte, keine Fahrradtour durch die Stadt unternehmen!

Auf nach Lissabon -  Die Metropole Am Tejo
 
Am Sonntag, den 09.08., ging nun unsere Fahrt weiter von Porto nach Lissabon. Auf dem Weg in die Hauptstadt Portugals legten wir noch einen Zwischenstopp am Praia da Tocha ein. Nach langer Parkplatzsuche, da auch Sonntags die Einheimischen das tolle Wetter genießen wollen, waren wir an einem „Ostseestrand“ angekommen. Kilometerlanger, feinster, heller Sandstrand – aber hohe Wellen und eine extreme Strömung, sodass wir leider nicht ins Wasser gehen konnten. Dafür sahen wir Fischern zu, wie sie die Fischernetze eingeholt haben. Durch das Einholen wurden ganz viele Möwen angelockt, welche natürlich auch etwas vom Fisch ab haben wollten. Ein tolles Schauspiel war das. Eine einzelne Angel wurde von einem Einheimischen auch ausgeworfen – dadurch verhang sich eine Seemöwe in der Angelschnur. Wir überlegten, was los ist, warum der Vogel nicht fliegt und sich nur noch hingesetzt hat ... an die Angel haben wir nicht gedacht. Plötzlich ging der Einheimische schnellen Schrittes auf die Möwe zu, drückte sie sanft zu Boden und versuche, ihr zu helfen. Wir sind auch gleich mit hin, erst da realisierten wir, dass die Angelschnur schuld war. Wir halfen, den Vogel zu retten und nach ein paar Minuten war der Vogel befreit und flog davon! Rettungsaktion geglückt.
Am Abend erreichten wir dann Lissabon, nachdem wir einmal komplett durch die Stadt gefahren waren und beinahe in einen Unfall verwickeln wurden, war Phil wirklich genervt von dem stressigen Verkehr. Wir checkten ein im Hotel "Neya", fielen ins Bett und schliefen – leider nicht sonderlich gut.
Montag starteten wir nun endlich mit der Stadt, auf die ich mich am meisten gefreut hatte. Für unsere Erkundungstour holten wir uns ein Tagesticket (Metro und Bus für 6 Euro) und starteten zuerst in Richtung Castelo de Sao Jorge. Dieses Kastell bietet einen Panorama-ausblick auf ganz Lissabon – wir entschieden uns kurzfristig um, und wollten erst einmal die anderen Sehenswürdigkeiten erkunden. Somit starteten wir zum Kloster Mosteiro dos Jerónimos. Das Kloster gilt als wichtigstes Bauwerk des prunkvollen portugiesischen Architekturstils der Manuelinik. Hier sind zahlreiche Könige und Angehörige der Königsfamilien Portugals beigesetzt. Durch die weite Parkanlage vor dem 300 Meter langen Gebäude kommt die reich verzierte Kalksteinfassade voll zur Geltung. Leider konnten wir selbst nicht in das Kloster – es war ja Montag und Montag ist Ruhetag. So beschlossen wir es am Dienstag noch einmal zu versuchen.  

Wir wollten weiter zum Torre de Belem. Auf dem Weg dahin machten wir noch einen kurzen Abstecher zum Denkmal der Entdeckung. Das Padrão dos Descobrimentos steht am Ufer des Flusses Tejo. Es wurde 1960 zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer durch das Salazar-Regime errichtet. Das Denkmal aus Stein soll an das Zeitalter der Entdeckungen erinnern und zeigt 33 wichtige Persönlichkeiten dieser Zeit.

Auch der Torre de Belém an der Tejomündung ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Lissabons. Gebaut wurde der 35 Meter hohe Turm 1521 als Portugal weltweit führende Seemacht war. Er diente zum Schutz der Hafeneinfahrt. Orientalische Haubenkuppeln und ein reiches Dekor lenken vom einstigen militärischen Nutzen des Turmes ab. Leider ist auch hier Montags Ruhetag.
Wir beschlossen nun, doch zur Festungsanlage zu fahren. Wir versuchten es mit der bekannten Elecrico 28E – leider war diese Bahn so mit Touristen überflutet, dass wir erst einmal auf Bus und Metro umstiegen. Da es zum Castello steil Berg auf ging und es am diesen Tag 36 Grad waren, nahmen wir einen kleinen Bus, welcher unten in Rossio startet. Auch Tuk Tuks wurden genommen, jedoch sind die nicht im Tagesticket inklusive. Wir vermuten stark, dass die meisten Touristen nicht wussten, dass ein kleiner Bus hoch fährt oder ihn nicht gefunden haben. Auf Grund der engen Straßen und der nebenstehenden Autos kann da auch nur ein 12-Sitzer-Bus hoch fahren. Als wir angekommen waren und uns die Tickets besorgt hatten – Studenten kommen wieder vergünstigt rein – hatten wir wirklich einen traumhaften Blick über die ganze Stadt. 
Wir sahen den bekannten Elevador de Santa Justa die Ogreja de Sao Roquo und natürlich auch die Christo Rei sowie die Brücke des 25.April. Die Christo Rei erinnert an Brasilien – diese Statur steht am anderen Flussufer des Tejo und man erreicht diesen nur über die Brücke des 25. April. Die Ponte 25 de Abril ist ein 3,2 Kilometer langer Brückenzug mit einer 2278 Meter langen Hängebrücke über den Tejo. Sie ist weltweit, nach der Tsing-Ma-Brücke, die zweit längste Hängebrücke mit kombiniertem Straßen- und Eisenbahnverkehr. Sie erinnert wirklich sehr stark an die Golden Gate Bridge. Die Christusstatue mit geöffneten Armen erinnert stark an die in Rio de Janeiro. Mit dem Lift gelangt man auf den 82 Meter hohen Sockel auf dem die 28 Meter hohe Statue steht. Der Ausblick über den Tejo, Lissabon, Almada und noch weiter ist gigantisch.
Wir schauten uns weiter auf der Burganlage um. Hier erinnert alles noch an eine kriegerische Vergangenheit. Kanonenrohre, Waffenplätze – und hinter der Anlage der Festung befindet sich noch eine Ausgrabungsstätte, welche Teile aus dem 7 Jahrhundert vor Christus offenbarte.  Auf unserem Rückweg machten wir noch einen kurzen Stopp in der Sé (Kathedrale). Durch die zinnenbesetzte Doppelturmfassade macht der Bau einen wehrhaften Eindruck.
Langsam neigte sich der Tag dem Ende und bei diesen Temperaturen freut man sich schon, wenn man sich im klimatisierten Zimmer ausruhen kann. Aber  wir mussten nochmal los. Wäsche waschen. Und so starteten wir abends noch einmal und suchten eine Self-Service Wäscherei auf…  Nachdem diese Arbeit getätigt war und der Waschautomat uns vier Euro geklaut hatte, fielen wir, wie immer, nach mehr als 15.000 Schritten, kaputt ins Bett.
 
Nach einer wieder sehr warmen und unruhigen Nacht fing unser Tag mit dem Besuch des Klosters an, welches ja am vergangenen Montag geschlossen hatte. Frohen Mutes fuhren wir in den Stadtteil Belem – Menschen über Menschen  - jetzt wussten wir auch warum es am Montag so leer war – das Kloster ist eine DER Attraktionen und somit eine riesige Schlange vor dem Eingang. Wir hatten einfach nicht die Muße uns anzustellen und fuhren somit weiter zum Torre de Belem und wollten es auf dem Rückweg noch einmal versuchen. Leider sah es beim Torre nicht anders aus. Somit betrachteten wir das eindrucksvolle Monument nur von außen.

Wir wollten wieder zurück und hatten Glück – es kam gerade eine alte Straßenbahn und so fuhren wir mit dieser (zwar nicht die legendäre 28E, aber dazu kommen wir noch) Richtung Nord-Osten zur Basilica da Estrela. Die Basilika, mit Ihrer hohen Kuppel und den zwei Türmen, leuchtet hell mit weißem Alcântara-Kalksandstein. Im Inneren befinden sich Skulpturen von Machado de Castro und im barocken Chorraum große Gemälde des italienischen Malers Pompeio Batoni. Wir nutzten die Chance durch einen schmalen, versteckten Turm auf das Kirchendach zu steigen (Eintritt 4€) und hatten einen weiteren, sagenhaften Ausblick auf die Hauptstadt Lissabon. Zu diesem Zeitpunkt waren wir dort oben komplett allein – ein echter Geheimtipp also! 

Der "Jardim da Estrela" (Estrela-Park) gegenüber der Kirche ist auf jeden Fall einen Spaziergang wert;. Mit 57.000 qm ist er nach dem Parque Eduardo VII. der zweitgrößte Park Lissabons. Palmenalleen, exotische Bäume, Statuen, Schwanenteiche und ein gusseiserner Musikpavillon schaffen eine besinnliche und ruhige Atmosphäre.

Auf unseren Rückweg schafften wir es nun tatsächlich in eine der begehrten Straßenbahnen – Electrico 28E – einzusteigen und fuhren die 40 minütige Route quer durch das Barrio Alto und einmal um den Festungshügel herum – Die Originalwagen aus den 30er Jahren sind innen komplett aus Holz gebaut. Die Fahrt geht über die Hügel von Lissabon in steilen Kurven auf und ab: Vorbei an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Lissabons und durch unglaublich enge Gassen. Eine vergleichbare Tram findet man nirgends auf der Welt. Kein Wunder also, dass es  eine absolute Touristenattraktion ist: http://www.spiegel.de/reise/staedte/nostalgie-fahrt-in-lissabon-unterwegs-mit-der-tram-28-a-831986.html

Natürlich gibt es in Lissabon noch einiges mehr zu entdecken: Es gäbe noch die ganzen Museen oder verschiedene Kirchen oder den Zoo von Lissabon und Ozeanarium. Leider waren uns einfach viel zu viele Menschen unterwegs und durch die Hitze und den Schlafmangel hat uns Porto vergleichsweise besser gefallen.  Aber im Großen und Ganzen ist es schon eine sehr interessante Stadt – sehr gut geeignet für einen Zwischenstopp, wenn man bspw. mit der TAP irgendwo hinfliegt. 2 bis 3 Tage reichen hier vollkommen aus. Nun geht es am Mittwoch wieder weiter nach Spanien – auf nach Sevilla!